(provenance) research in progress

Geschichte(n) einer Bangwa-Skulptur im RJM

Diese Skulptur ist das Porträt eines Würdenträgers (lefem) mit einer Tabakpfeife als Statussymbol. Sie wurde 1901 zur Zeit der deutschen Besetzung des heutigen Kameruns als Kriegsbeute entwendet.

 

Von Kamerun über Braunschweig und Düsseldorf nach Köln

Zuvor kam der im kolonialen Dienst tätige Gustav Conrau 1898 in die Bangwa-Hochlandregion, um für die deutschen Plantagen im Küstengebiet Arbeiter*innen anzuwerben. Fon Assunganyi (*um 1880, †1952), König von Fontem, einer der neun Könige der Bangwa-Region, stellte Conrau ca. 60 Menschen für die Plantagenarbeit zur Verfügung. Ein Jahr später kehrte Conrau jedoch ohne die Arbeiter zurück, woraufhin Gerüchte über deren Tod kursierten. Als Conrau um weitere Arbeiter*innen bat, entbrannte ein Konflikt, bei dem Assunganyi Conrau festnehmen ließ. Conrau flüchtete daraufhin und erschoss sich während seines Fluchtversuches. Da die Deutschen Assunganyi für Conraus Tod verantwortlich machten, rächten sie sich mit gewaltvollen Überfällen auf die Bangwa-Dörfer, die aufgrund des beharrlichen Widerstands der Bewohner*innen vier Jahre andauerten. Als Folge dessen war Leutnant Kurt Strümpell für die „Eintreibung einer auferlegten Kriegsentschädigung“ (so der damalige Befehl der sog. Kaiserlichen Schutztruppe, vgl. Deutsches Kolonialblatt von 1901, S.314) zuständig, bei der er unter anderem diese Skulptur entwendete, die er 1902 dem Städtischen Museum Braunschweig schenkte. 1955 tauschte sie der Düsseldorfer Sammler Klaus Clausmeyer gegen andere Objekte ein und überließ sie 1966 dem Rautenstrauch-Joest-Museum. Hier war sie bis vor kurzem Teil der Dauerausstellung und repräsentiert momentan den antikolonialen Widerstand der Bangwa in der Sonderausstellung Resist! Die Kunst des Widerstands.

Die Geschichte dieses Kolonialkriegs blieb im Palast von Fontem bis heute in lebendiger Erinnerung, während die Ereignisse in hiesiger Überlieferung lediglich unter dem verschleiernden Terminus der „Strafexpeditionen“ rekonstruiert werden. Einen Eindruck über die asymmetrische Erinnerung an die Kolonialzeit auf kamerunischer und auf deutscher Seite vermittelt die Webseite „Koloniale Verbindungen – Düsseldorf/Dschang – Rheinland/Grasland“ anhand von Interviews, die 2016 u.a. im Palast von Fontem geführt wurden.

Das Rautenstrauch-Joest-Museum bemüht sich aktuell in Zusammenarbeit mit dem Städtischen Museum Braunschweig um einen adäquaten Dialog mit Vertreter:innen der Bangwa.

 

BILD: © RJM

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Kontakt

Yagmur Karakis

Heinrich-Heine-Universität
Abteilung für Globalgeschichte

yagmur.karakis(at)hhu.de